Odinn, Wodan, Wuotan (ahd. „Der Wütende”), Atridi („der zureitende”); bei Langobarden Odan und Godan; nordfries. Wede, Wedke; Othan, Odon, Eovden; niederdt. Jivodan.
Er hat zahlreiche Bei- und Decknamen (Allvater, Gunnarr, Gagnrad, Har, herfadir, Harbard („Graubart”), Herjann, Herteitr, Valfadir, Walvater, Wegtam). Er ist Hochgott der Asen, die höchste und erste Gottheit (z. B. Edda, Grimnirlied 44) der „die Götter wie Kinder dienen” (Snörri, 23), Himmelsgott sowie Kriegs- und Totengott. Als Sturmgott ist er Anführer von Wuotanes her. Odin ist Gott der Runenweisheit und Schutzgott der Skalden. Odin ist ein Sohn des Urriesenpaares Borr und Bestla. Er hat zwei Brüder, Vili und Ve (bzw. Hönir und Lodr). Drei Höfe bewohnt Odin, den mit Silber gedeckten Walaskjalf, den „der Ase sich in Urtagen wirkte”, Kleinodbank, wo Odin mit der Saga täglich aus Goldbechern trinkt und Froheim, in der sich die goldene Walhall dehnt (Edda, Grimnirlied 6-8). Von seinem Thron Hlidskialf aus überblickt Odin die gesamte Welt. Um ihn kreisen die Raben Huginn („Gedanke”) und Muninn („Erinnerung”), zu seinen Füßen wachen die Wölfe Freki und Geri. Seinen Reichtum verdankt er seinem goldenen Ring Draupnir, der sich ständig vermehrt. Im Kampf verläßt er sich auf den Speer Grungnir, der nie in seinem Stoß inne hält. Er verfügt über einen Mantel, eine Helm und das Zauberpferd Sleipnir.
Kenntlich ist er als Anführer von Wuotanes Her an blauem Mantel (z. B. im Grimnirlied), Hut und an seiner Einäugigkeit. Ihn begleiten seine Raben und Wölfe, seine Boten sind die Walküren, die ihm die Einherier nach Walhall holen. Diese Tapfersten der gefallenen Krieger teilt sich der Walvater mit der Freyja.
Zusammen mit diesen Brüdern schuf Odin das erste Menschenpaar, Askr und Embla. Als Windgott gab er ihnen den Atem, die Seele und das Leben (Edda, Voluspa 17f.).
Seine Gattin ist Frigg. Mit ihr ist er Vater von Balder, Hödur und Hermodur.
Mit der Riesin Rind Vater des Vali, mit der Jörd Vater des Thor und mit der Gridr Vater des Vidar.
Seine häufigen Reisen führten ihn zum Grund von Wissen und Weisheit, dabei verwendet er andere Namen (Grimnirlied 48).
Als Gagnrad zieht er zu Vafthrudnir, um mit dem einen Wettstreit um ihr Wissen zu beginnen, da ihm nach dem Urzeitwissen des Riesen gelüstet.
(Edda, Wafthrudnirlied).
Als Bölwerkr („Übelstifter”) holt er den Skaldenmet zu den Göttern. In einem anderen Lied der Edda, Baldrs draumar, nennt er sich Wegtam, Sohn des Waltam. Und als Grimnir besucht er König Geirröd, um dessen Gastfreundschaft zu prüfen (Grimnirlied). Weitere Bei- oder Decknamen Odins sind Alvater, Gangmatt, Herrscher, Helmträger, Graubart, Har oder Heerblender, Walvater, Wunschherr und weitere (siehe ebd., 46f.).
Als Ase ist Odin wie alle dem Schicksal der Nornen unterworfen, die am Urdbrunnen an der Wurzel Yggdrasils hausen. Hier am Weltenbaum opfert er sich selbst sich selbst. Gespießt mit dem Ger hängt er neun Nächte an Yggdrasils Stamm, bis er die tiefsten Geheimnisse geschaut hat. Rufend nimmt er die Runen auf und kommt, auferstehend, vom Baum los.
Ich weiß, daß ich hing
am windigem Baum
neun Nächte lang,
mit dem Ger verwundet,
geweiht dem Odin,
ich selbst mir selbst,
an jenem Baum,
da jedem fremd,
aus welcher Wurzel er wächst.
Sie spendeten mir
nicht Speise noch Trank;
nieder neigt ich mich,
nahm sie rufend auf;
nieder dann neigt ich mich.
Edda, Runenlehren 25 B 1-2, hier zit. n. F. Genzmer
Nun verpfändet er seinem Onkel, dem Riesen Mimir eines seiner Augen, um aus dessen Weisheitsbrunnen den Met Odrörir trinken zu dürfen (Wie viele Seher wird auch Odin mit eingeschränkter optischer Sehkraft geschildert). Mimir deutet Odin nun auf einem Berge (Edda, Runenlehren C 3) in neun Hauptliedern das Geheimnis der Runen (Edda, Runenlehren B 3).
Seit diesem Tod und magischer Auferstehung weiß Odin um sein und des gesamten Göttergeschlechts Schicksal und ist weisester der Götter (mit Ausnahme vielleicht der Frigg, die allerdings jegliche Auskunft verweigert). Er weiß um das Weltende Ragnarökr, wenn die Riesen aus Muspelheim gegen ihn ziehen und er selbst durch Lokis Sohn, den riesischen Wolf Fenrir verschlungen werden und sein Sohn Vidar ihn rächt.
Um auf diese Schlacht vorbereitet zu sein, holt er seitdem die tapfersten der auf der Walstatt (Schlachtfeld) verbliebenen Krieger, die Einherier, zu sich nach Walhall. Daß Odin sich diese Mühe macht, zeugt von einem tiefsitzenden Fatalismus, weiß er doch um das unabweislich dräuende Schicksal. So zieht er durch die Welt, besucht seine Schützlinge, sät Zwietracht und entzieht den Seinen - menschlich gedacht - im entscheidenden Moment seine Gunst, um, endlich und vergeblich, ein starkes Heer zu befehligen, das auf der Ebene Vigrid die letzte Schlacht schlagen wird. Zum Beispiel brachte Odin dem mythischen Dänenkönig Harald Kriegsgeschick bei und führte ihn zu zahlreichen militärischen Erfolgen. Dann aber fuhr den König sein eigener Wagenlenker in den Tod. Es war dieser Lenker der Odin selbst, der Harald mit dieser Hinterlist zum Einherier machte. Von Freyja verlangt er, zwischen zwei Königen tödlichen Haß zu säen. Es kommt zur gewünschten Schlacht und die Walküren bringen Odin reiche Ernte ein.
Odin wurde weithin verehrt, in Mitteleuropa als Wuotan. Odin wurde „Gott der Gehängten” oder „Gott der Erschlagenen” genannt, weil dieses Motiv, daß an Odins Wissenserwerb anknüpft, eng mit seinem Kult verbunden sei. Die Berichte über die Kriegszüge der Wikinger enthalten Hinweise auf die Opferung Kriegsgefangener an Odin. Beispielsweise sollen nach der Plünderung der Stadt Nantes 842 die meisten Bewohner an Bäumen aufgehängt worden sein, was auf solchen Kult deute. Die Bäume seines heiligen Hains in Uppsala seien noch im 10. Jahrhundert voller aufgehängter Menschenopfer gewesen (div. Quellen, nach Walker 1993, S. 800).
Onsdag, der norwegischer Name für den Mittwoch, ist auf Odin zurückzuführen. Entsprechend verhält es sich mit der südgermanischen Form des Odin, Wodan, der zum Namensgeber des englischen Wednesday wurde (Wodansdag).
Nach Wotan wird auch die gesamte germanische Religion als Wotanismus bezeichnet. F.G. Klopstock schrieb 1769 eine „Hymne an Wotan”.
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